Wie viele Menschen, sind auch Wohnmobilisten oft echte „Gewohnheitstäter“. Unsere Reiserituale waren fest in unseren Köpfen verankert. Bisher war unser Einreise-Ablauf nach Marokko stets derselbe: Wir fuhren in den Süden Andalusiens nach Algeciras, besorgten unser Fährticket bei „Carlos“ in Palmones und stachen mit der bewährten Reederei „Balearia“ von Algeciras nach Ceuta über die malerische Straße von Gibraltar in See. In Ceuta kamen wir von der Fähre herunter, jedoch war zu beachten, dass man sich immer noch in Spanien befand (Ceuta/Sebta ist eine spanische Enklave). Der eigentliche Grenzübertritt erfolgte erst nach etwa 20 Fahrminuten auf dem Landweg.
Nach unserer Einreise begaben wir uns traditionell zu unserem bewährten Gasflaschen-Dealer, um kurz darauf den Marjane-Supermarkt in Tetouan zu stürmen und unsere Maroc Telecom-SIM-Karte aufzuladen. Am Nachmittag fuhren wir zum zentral gelegenen Parkplatz, von dem aus unser erster großer Einkauf auf dem lebhaften Souk begann. Danach verbrachten wir regelmäßig unsere erste Nacht in völliger Stille auf diesem Parkplatz, bis der Muezzin uns mit seinem Weckruf in eine neue afrikanische Reisewelt begrüßte. Genau so gestaltete sich für uns der Wechsel von Europa nach Afrika, abgesehen von gelegentlichen Grenzüberraschungen, die uns auf unserer Reise begleiteten.
Bereits in der Frühphase unserer Reisen bemerkten wir, dass nahezu alle Wohnmobilisten, die Marokko ansteuerten, die Route über Tanger Mediterranée (=Tanger MED) bevorzugten. Immer wieder hörten wir Berichte darüber, wie angenehm es war, die personenbezogenen Formalitäten bereits an Bord des Schiffes erledigen zu können. Besonders praktisch empfanden viele Reisende die Nähe zur Autobahn, die es ermöglichte, zügig und ohne den üblichen marokkanischen Landstraßenverkehr zu einem Campingplatz im Süden zu gelangen. Dieser gut eingespielte Prozess erleichterte die Ankunft in Marokko erheblich und trug dazu bei, dass Tanger Mediterranée zu einem bevorzugten Einreisepunkt für Wohnmobilisten wurde.
Im Jahr 2014 geschah das absolut Schreckliche: Unser geliebter Parkplatz in Tetouan wurde in einen öffentlichen Park umgewandelt. Plötzlich gab es keine alternativen Parkmöglichkeiten mehr im Herzen unserer bevorzugten marokkanischen Erste-Nach-Stadt. Dieser Verlust war für uns besonders bedauerlich, da ein wesentlicher Grund für die Einreise über Ceuta nun weggefallen war. Unsere etablierten Routinen und vertrauten Orte wurden von dieser Veränderung stark beeinflusst, und wir mussten unsere Reisepläne und Einreisestrategien neu überdenken.
2015: Welchen Ziel-Fährhafen nehmen wir nun?
Es wäre ideal gewesen, direkt nach Tanger-Stadt zu fahren, da der Hafen recht klein ist und man von dort aus schnell in Richtung Süden weiterfahren kann. Leider stellte sich heraus, dass die Fährverbindungen von Tarifa ziemlich teuer waren (weitere Informationen dazu finden Sie unter diesem LINK). Daher beschlossen wir, die Strecke von Algeciras nach Tanger MED auszuprobieren.
Unsere Überfahrt zu diesen neuen und für uns unbekannten Fährhäfen erfolgte mit der deutschen Reederei FRS (weitere Informationen finden Sie hier: LINK zu FRS
Nachdem wir von der Fähre gestiegen waren, fiel uns sofort auf, dass hier etwas grundlegend anders war: keine Menschenmassen. Nur wenige PKWs, WOMOs und Zollbeamte waren zu sehen – ansonsten gähnende Leere. In Ceuta herrscht reges Treiben mit zahllosen Fußgängern, Autos aus ganz Europa und Marokko, sowie unzähligen Mopeds, begleitet von freundlichen, hilfsbereiten Helfern, die Touristen regelrecht ansprechen. Doch in Tanger MED herrschte gähnende Leere. Verständlich, schließlich waren hier nur Reisende, die kurz zuvor von der Fähre gekommen waren. Wir genossen die ruhige, entspannte Atmosphäre und folgten den anderen bis zur Zollabfertigung.
Wir wurden in eine von drei Reihen gewiesen und begannen zu warten. Obwohl nicht viele Fahrzeuge vor uns waren, dauerte es seine Zeit. Meine Beifahrerin versuchte, die Prozedur zu beschleunigen, aber es schien, als ob hier alles in geordneten Bahnen verlief. Wir übten uns in Geduld, da wir ja Zeit hatten. Die Abfertigung ging langsam voran – das erste WOMO wurde abgefertigt und dann das zweite, das dritte, alles in aller Ruhe.
Nach einer Stunde widmete uns schließlich ein Zollbeamter seine Aufmerksamkeit, nahm unsere Papiere entgegen und begab sich zum nächsten Wohnmobil, um auch dessen Fahrzeugunterlagen zu prüfen. Einige Minuten später war er zurück und bat uns, die Hecktüren unseres blauen Zuhauses zu öffnen. Er inspizierte den Innenraum gründlich, insbesondere Schränke, Böden und Besteckfächer. Das war neu für uns. In Ceuta hatte sich bisher niemand so intensiv für unser Wohnmobil interessiert. Ein kurzes Kopfreinhalten, ein Blick in einen Schrank, doch meistens wurden wir rasch weitergewunken und waren fertig. In Tanger MED nahm man sich richtig Zeit für uns und führte seine Arbeit äußerst sorgfältig aus. Jetzt verstanden wir, warum wir so lange warten mussten.
Unsere Erfahrungen zum Fährhafen in Tanger MED in Marokko waren äußerst positiv. Besonders beeindruckt hat uns der großzügige und ruhige Parkplatz jenseits der Zollkontrolle. Hier hatten wir die Möglichkeit, Dirham am Geldautomaten abzuheben und eine entspannte Pause einzulegen. Falls wir spät abends angereist wären, hätten wir sogar in Erwägung gezogen, hier zu übernachten. Der vorhandene Wachschutz vermittelte ein Gefühl der Sicherheit, was definitiv ein Pluspunkt ist. Diese Option werden wir definitiv in Betracht ziehen, wenn wir das nächste Mal in diese Region reisen. Inshallah.
Fazit:
Die Wahl der Einreise über Tanger MED nach Marokko bot einige Vorteile. Die Passkontrolle auf dem Schiff spielte nur eine geringe Rolle, da ohnehin Wartezeiten im Hafen in Kauf genommen werden müssen. Die Abwicklung der Personenkontrolle hat die Einreisedauer nicht erheblich verlängert. Besonders positiv empfanden wir die ruhige und entspannte Atmosphäre in Tanger MED, obwohl die Einreise über Ceuta zweifellos ein stärkeres marokkanisches Flair vermittelt. 😉 Bei der Einreise über Tanger MED sollte man sich bewusst sein, dass man etwas mehr Zeit einplanen sollte, was bei guter Vorbereitung jedoch kein Problem darstellt. Im Wohnmobil hat man schließlich immer genügend Möglichkeiten, sich die Zeit zu vertreiben :). Da wir keinerlei verbotene Gegenstände mitführten, begegneten wir der gründlichen Untersuchung unseres Fahrzeugs entspannt und gelassen.
Wichtiger erscheint uns die geographische Lage: Für Reisende in den Süden und Westen Marokkos ist die Straßenanbindung ab Tanger MED besser, für Fahrten nach Osten oder Südosten werden wir auch in Zukunft auf die Fähren nach Ceuta zugreifen.
Tagebucheintrag vom 5.11.15
Palmones / Spanien – Asilah / Marokko, warm: Joggen am Morgen, Frühstück am Strand, nochmal schnell zur Apotheke, alles zusammenpacken und ab zum Hafen. Dort werden wir ausgebremst um einem Schwerlasttransport im Hafengelände Platz zu machen. Und weiter zur Abfertigung. Auf dem Ticket, dass wir bekommen steht was von 1 Stunde Aufenthalt in Gibraltar. Häh? Davon wussten wir gar nix. Noch aus den allertiefsten Tiefen des Womos britische Pfund vorgeholt und dann geht die Fähre doch nicht über Gibraltar! Menno!
Nun, egal. Das Schiff war sehr leer, es war überall Platz, ruhig, wenig Wind an Deck, viel Sonne und wir haben ein paar mal Delphine gesehen. wie toll! Das Meer war wunderschön blau, es gab viel zu gucken. Bei der Auffahrt in die Fähre ˋdurftenˋ wir diesmal sogar eine Rampe hochfahren, und später wieder runter. Immer wieder was Neues. FRS fährt nach Tanger Med 1,5Stunden, dann hat sie an der Hafeneinfahrt noch rumgebummelt. Das Abstempeln der Pässe kann man schon auf dem Schiff erledigen, an Land muss man nur noch durch den Zoll. Da standen wir nun. Es lief alles total ruhig und gemäßigt ab. Leider waren wir fast die letzten, das hieß Geduld üben. Total komisch: von Ceuta kennen wir Gewusel udn Hektik, es kommen Schlepper, die einem ˋhelfenˋwollen, man wird ständig bequatscht. Und hier? Nichts, gar nichts. Völlige Ruhe, ein paar Autos, es wird alles genauestens abgearbeitet. Irgendwann sind wir an der Reihe, bekommen diesmal wieder 6 Monate fürs Auto (brauchen also nicht wieder in Aagdir zum Zoll!), aber der Beamte ist diesmal wirklich sehr genau. Kofferraum aufmachen ist ja normal aber der geht in unser Womo und macht die Schubkästen auf! und guckt mal hier und da… Aha. Aber wir dürfen weiter und alles okay. Es gibt im Hafenbereich sogar Bankautomaten und wir können hier ruhig parken und Rosenkohl futtern. Dann aber mal weiter, wir haben noch 80 km und Shopping vor uns. Unterwegs halten wir bei einem netten Händler um frisches Gas zu bekommen. Wir fragen nach Minze und er schenkt uns gleich ein paar Stengel 🙂 . Wir müssen durch das Gewusel und den Verkehr von Tanger Stadt und gehen mal wieder im Marjane Supermarkt einkaufen. Tee, Zucker – sehr marokkanisch – das haben immer alle im Einkaufskorb. Dann noch viel Obst und Gemüse (Tomaten, Gurken, Clementinen für 15ct, Weintrauben, Pampelmusen, Granatäpfel (2 riesen Dinger). Und tanken für unter 80ct je Liter Diesel. jetzt haben wir noch 40km zu fahren und kommen gerade so im allerletzten Licht um 17:45 in Asilah an. Wir fragen beim Camping vom letzten Jahr nach dem Preis und da stehen wir nun. Den Abend haben wir ruhig mit Musik und rumkramen verbracht und beschlossen morgen hier zu bleiben. Asilah ist schön und wir sollten uns Zeit nehmen um wieder richtig anzukommen. Wobei durch den Verkehr in Tanger wir sowas von wieder angekommen sind!
Ich bin genau deiner Meinung; in Tanger Med ist die Ein/Ausreise angenehm. zügig und alles wohl geordnet. Und besser als in Tanger Ville.
Für den Osten Marokkos eignet sich aber Melilla besser als Ceuta. Es liegt hinter dem Rif und näher von zuhause, was die Anfahrt wesentlich verkürzt.
liebe Grüsse vom Muger
Hallo Muger,
vielen Dank für Deinen Kommentar! Wir fanden die Strecke zwischen Ceuta und Melilla am Mittelmeer entlang aber auch lohnenswert! Aber wenn man schnell in den Osten will, stimmt das natürlich. Hast Du schon Erfahrung mit Melilla als Ankunftshafen gemacht?
Liebe Grüße, Doreen
ja – aber ist schon länger her.
Melilla ist Spanien und dementsprechend einfach ist die Anreise…
Hallo Doreen,
wir wollten die Überfahrt von Algeciras nach Tanger Med nur machen, um von da auf die Fähre nach Barcelona zu kommen. Von Andalusien aus gibt es doch keine Fähre nach Barcelona, oder? Müssen wir die geschilderte Einreiseprozedur über uns ergehen lassen, oder können wir direkt „von Fähre zu Fähre“ fahren?
Liebe Grüße
Axel
Hallo Axel, tut mir leid, bei deiner Frage muss ich leider komplett passen.
Die Einreise über den alten Hafen in Tanger ist aber dafür absolut die schönste, finde ich! Bin bei meiner ersten Marokkotour dort angekommen (Tanger Med war noch nicht in Betrieb) und von dort aus auch wieder zurück. Allein, der letzte N’s-N’s vor dem Hafen, bevor es wieder auf die Fähre geht… Schade nur, dass die Strecke Tarifa- Tanger so viel teurer ist. Vor drei Jahren haben wir allerdings gehört, dass Carlos die Strecke auch im Angebot hat – zum gleichen Preis wie Ceuta und Tanger Med. Selbst ausprobiert haben wir es nicht (weil wir die Tickets schon hatten, als wir davon hörten), und der Preis kann sich natürlich seither wieder geändert haben…. Aber nachfragen lohnt sich bestimmt!
LG Steffi
Wir sind mit der großen Fähre von Barcelona (Grimaldi) gekommen. Da ist auch in Tanger Med beim Zoll einiges los. Wir haben 4h gebraucht, bei der Zollabfertigung.
Hallo Michael,
ja so ist das in Tanger Med. Ich wünsche euch eine spannende Zeit in Marokko.